Niere: Akutes und chronisches Nierenversagen

Niere: Akutes und chronisches Nierenversagen
Niere: Akutes und chronisches Nierenversagen
 
Nierenversagen (Niereninsuffizienz) bedeutet, dass die Nieren nicht mehr in der Lage sind, das Blut durch Filterung und anschließende Rückführung wichtiger Substanzen ausreichend zu reinigen. Die dadurch verursachte Überschwemmung des Körpers mit Giftstoffen (Urämie) führt unbehandelt zum Tode. Gefährdet sind alle Systeme, von Herz und Kreislauf über die Lungen bis zum zentralen Nervensystem. Äußerlich macht sich Nierenversagen durch stark verringerte Harnmenge (Oligurie bzw. Anurie) und Wassereinlagerungen im Gewebe (Ödeme) bemerkbar. Auch Übelkeit, Juckreiz und Müdigkeit gehen damit einher. Im Labor lässt sich ein drohendes Nierenversagen durch vermehrtes Auftreten von Harnstoff und Kreatinin im Blut bereits frühzeitig feststellen. Beide Substanzen werden normalerweise aus dem Blut ausgefiltert und mit dem Harn ausgeschieden.
 
Unterschieden werden akutes und chronisches Nierenversagen. Mit akutem Nierenversagen wird ein plötzlicher Funktionsverlust bei zuvor gesunder Niere bezeichnet, z. B. infolge extremen Blutdruckabfalls. Unter chronischem Nierenversagen wird der fortschreitende Funktionsverlust bei Vorliegen einer Grundkrankheit verstanden.
 
 Akutes Nierenversagen
 
Bei den Ursachen für akutes Nierenversagen wird unterschieden, ob der Ort der Störung vor der Niere (prärenales Nierenversagen) - das heißt im Kreislauf - oder hinter der Niere (postrenales Nierenversagen) - das heißt in den Harnwegen - liegt. Ursachen für ein prärenales Nierenversagen können ein Blutdruckabfall (z. B. nach hohem Flüssigkeits- oder Blutverlust, infolge eines Schocks, durch Narkosemittel), aber auch Vergiftungen und Allergien sein. Sinkt der Blutdruck in den Arterien unter 80 mmHg, ist das Selbstregulierungssystem der Niere nicht mehr in der Lage, den Blutdruck von 50 mmHg in den feinen Blutbahnen der Nierenkörperchen aufrechtzuerhalten, der erforderlich ist, um das Blut durch die Filtermembranen zu pressen. Postrenales Nierenversagen wird durch Hindernisse in den ableitenden Harnwegen verursacht, z. B. Steine oder Tumoren. Die sofortige Therapie besteht aus einer genauen Kontrolle des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts, einer speziell abgestimmten Diät, Vorsorge gegen Infektionen und Dialyse.
 
Auch bei bester medizinischer Behandlung führt akutes Nierenversagen in fast der Hälfte aller Fälle zum Tode. Werden die ersten ein bis zwei Wochen überlebt, setzt eine allmähliche Erholung der Nierenfunktion ein. Typischerweise wird dann zunächst extrem viel Harn produziert. Bis zur völligen Wiederherstellung vergehen jedoch Monate.
 
 Chronisches Nierenversagen
 
Ein chronisches Nierenversagen kann sich aufgrund verschiedener Ursachen entwickeln: Lang andauernde oder wiederholte Nierenentzündungen können die Niere nachhaltig schädigen; Langzeitfolgen eines Diabetes können durch Arteriosklerose die feinen Blutgefäße der Nierenkörperchen zerstören; angeborene Fehlbildungen der Niere können lange unentdeckt bleiben und zum allmählichen Verlust der Nierenfunktion führen; auch Schadstoffe wie Schmerzmittel, Umweltgifte oder Lösungsmittel können die Nierenleistung auf Dauer beeinträchtigen.
 
Durch eine strenge Diät und harntreibende Mittel (Diuretika) lässt sich die verminderte Leistung der Nieren unter Umständen für einige Jahre ausgleichen. Dennoch schreitet der Funktionsverlust der Nieren allmählich fort und macht irgendwann Dialyse oder Nierentransplantation erforderlich.
 
Bei der Dialyse wird die Blutwäschefunktion der Nieren durch eine Maschine übernommen. Bei der Hämodialyse wird das Blut des Patienten im Dialyseapparat durch Kunststoffmembranen gefiltert, mit einer Elektrolytlösung (Dialysat) wird es dann korrigiert. Das Blut wird dabei innerhalb von drei bis fünf Stunden so oft durch die »künstliche Niere« gepumpt, dass ein Durchlauf von mehreren hundert Litern stattfindet. Die Behandlung ist meist dreimal pro Woche erforderlich. Zur Erleichterung des Anschlusses wird im Arm des Patienten ein Shunt angebracht. Dazu werden eine Arterie und eine Vene kurzgeschlossen. Unter Umständen ist die Dialyse statt in Klinik oder Praxis heute auch zu Hause möglich. Die Dialyse ist für den Patienten lebensrettend. Sie bedingt jedoch eine radikale Einschränkung der Lebensführung einschließlich der Berufstätigkeit. Eine Besserung oder Heilung der zerstörten Niere ist nicht möglich.
 
Eine Nierentransplantation kann die maschinelle Blutwäsche ersparen. Allerdings ist das Leben nach der Transplantation ebenfalls mit Einschränkungen verbunden. Die Spenderniere wird zusätzlich zu den funktionslosen Nieren in die rechte oder linke Leiste eingesetzt. Es herrscht jedoch ein Mangel an Spendernieren, die Operation ist risikoreich, die Gefahr einer Abstoßung des Spenderorgans besteht jahrelang. Bei beiden Therapieformen liegt die Wahrscheinlichkeit, weitere zehn Jahre zu leben, bei 40-60 %.

Universal-Lexikon. 2012.

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